Unerzogen leben: Was tun, wenn mein Kind…

Hej meine lieben Leser,

wie einige von Euch wissen, beschäftige ich mich sehr mit dem Thema „Unerzogen“. Was es genau ist, hat Wiebke hier schon mal erläutert. Danach tauchten viele Fragen auf. Wiebke hat sich nun ran gesetzt und diese beantwortet. Hier kommt der erste Teil zu

„Wie verhalten ich mich, wenn mein Kind…“

·  ·  das.fraeulein.k Super Idee. Folgende frage :

  1. was mache ich, wenn mein Kind ein anderes Kind haut? Mich für mein Kind bei dem Fremden Kind entschuldigen ? Erklären ? Oder was ist da der richtige Weg ?

Ich würde das fremde Kind schützen (durch dazwischen stellen zB) und je nach Alter des Kindes erklären was los ist. Dass da eben noch die Worte fehlen um zu sagen, was los ist und mein Kind so versucht in Kontakt zu treten. „Es tut mir leid, dass dich xy gehauen hat. Weißt du sie/er kann noch nicht so gut sprechen und wollte dir damit nur sehr ungeschickt sagen, dass sie/er gern mit dir spielen möchte. Sie/er wollte dir ganz bestimmt nicht weh tun!“ (Unbedingt danach zum eigenen Kind wenden, damit es sich nicht komisch vorkommt, dass da so über es gesprochen wird: „Ich habe dem Kind nur erklärt, warum du gehauen hast, damit es nicht mehr traurig ist.“) Ähnliches kann man natürlich auch zur betreffenden Mutter sagen, wenn diese die Situation beobachtet hat und vielleicht entsetzt ist – weil „man haut ja nicht“. Vielleicht lernt dann die andere Mama sogar noch was von dir! Darüber wie Kinder sind und wie man in Augenhöhe mit Kindern spricht.

2. mein Kind möchte sein Spielzeug nicht teilen (muss es auch nicht) möchte aber mit anderen Spielzeug spielen welches das andere Kind auch nicht teilen möchte. Wie erkläre ich es da am besten ? Die Sachen gehören xy und er/sie möchte gerade nicht teilen und das ist ok so, wir können versuchen ob er/sie mit dir gegen ein anderes Spielzeug tauschen möchte. – Wenn das klappt, super! Wenn nicht, begleite ich den Frust meiner Tochter darüber, dass sie jetzt eben nicht das fremde Spielzeug haben darf.

·  ·  rieke_liebt_ Mich würde interessieren wie ich reagiere wenn meine Tochter (1jahr) Erde oder Steine isst… Dinge tut, die gefährlich sind… Ich erkläre und lasse sie probieren –

Ich bin da total entspannt, was Dreck angeht. Ist ja nur Dreck – Steine oder Zigarettenkippen zb können allerdings wirklich gefährlich sein. Und da kommt dann, wie immer bei allen (lebens- und gesundheits)gefährdenden Dingen, die schützende Gewalt zum Tragen. Selbstverständlich nehme ich ihr die Zigarette weg oder halte sie am Arm fest, bevor sie auf die Straße läuft. Für diesen Übergriff entschuldige ich mich hinterher und erkläre ihr was los war.

·  ·  damis_mum Mich würde interessieren wie es ist, wenn ihr bei anderen zu Gast seid. Darf das Kind dann auch alles? Bisher frage ich den Gastgeber einfach, ob das ok ist was mein Sohn grade macht.

Natürlich darf mein Kind woanders nicht alles – die Freiheit des einen endet da, wo die Freiheit des anderen beginnt. Das ist eine dieser natürlichen Grenzen, die einfach DA sind, ohne dass ich sie mir ausdenken muss. Also ist der Ansatz einfach den Gastgeber zu fragen, absolut richtig J

·  ·  about.saskiaGanz ganz tolle Idee! Meine Kleine ist erst 5Wochen alt. Ich setze mich aber sehr mit bedürfnisorientiert und unerzogen auseinander. Ich würde das später gerne auch so handhaben. Ich höre aber oft von andern die berühmten Tipps mit dem schreien lassen und ja nicht verwöhnen. Das finde ich gsnz schrecklich und kommt nie in Frage. Wie aber erkläre ich das andern? Ich habe das Gefühl mich rechtfertigen zu müssen wenn ich meine Tochter nicht schreien lasse. Wie geht ihr mit solch „tollen“ Tipps um?

Es kommt immer drauf an von wem die kommen. „Fremde“ oder Bekannte bekehre ich nicht ungefragt: Danke aber wir machen es anders! Vlt noch ein „bitte akzeptiere das“ sollte reichen. Bei Menschen, die mir Nahe stehen habe ich schon ein bisschen mehr Aufwand reingesteckt: Erklären erklären erklären. Ein paar wissenschaftliche Fakten dazu, Artikel weiterleiten. Funktioniert – oder auch nicht. Ist letzten Endes aber auch egal. Erziehen soll man nämlich sein Umfeld genauso wenig wie sein Kind J Und ich glaube noch immer, wenn du deinen Weg stark und sicher vorlebst, dann springt der Funke vlt eines Tages über.

·  ·  chris_tinMeine Tochter (2) will ständig fernsehen und redet auch nur noch von Peppa Wutz. Ich habe sie schon oft einfach gucken lassen, das geht dann aber bis sie müde wird und ins Bett will. Ansonsten hab ich’s mit ablenken oder erklären probiert. Das funktioniert aber nur semi-gut. Nach ein paar Minuten kommt wieder die Frage danach. Jeden Tag mehrere Stunden fernsehen finde ich in dem Alter einfach zu viel. Sie weint aber so sehr, wenn ich den Fernseher ausmache, auch wenn vorher angekündigt oder ausgemacht, dass wir nur noch eine Folge sehen. Ich habe auch Bücher, Spielfiguren, Sticker von Peppa, sie will trotzdem ständig gucken… Draußen ruft sie manchmal „Hause gehen, Peppa gucken“ trotz vielen Spielangeboten.

Ich hatte diese extreme fernseh schau Phase bei meiner Tocher auch mit ungefähr 2 Jahren –  und alle meine Überzeugungen, dass sie selbst bestimmen soll, sind ins Wanken geraten. Sie hat geglotzt bis zum Umfallen. Wollte nicht mehr raus gehen. Nur stillen und schauen… Puh! Ich habe dann viel zu dem Thema gelesen und bin für mich zu dem Schluss gekommen, dass MEINE Angst nicht ihre ist. Letzten Endes habe ich es ausgehalten. Habe die Zeit vor dem Fernseher „aktiv“ genutzt – zum kuscheln, gemeinsamen Singen, für Unterhaltungen über das was wir schauen etc. So war es kein „davor parken“ sondern tatsächlich eine gemeinsame Unternehmung. Mittlerweile hat sich das Schauen bei uns auf ca 30min pro Tag eingependelt – mal weniger, mal mehr, mal gar nicht. Und der Nachteil? Fernsehen als wirkliche Ablenkung klappt nicht (mehr) – eine 5 Std Autofahrt quasi durchschauen gibt es hier nicht, nach 20min musste ich wieder den Animateur spielen und alle 2 Minuten die Frage beantworten, wann wir denn endlich da sind J

·  ·  happy_fooddiaryHabe folgende Frage: was mache ich in Situationen wie im Supermarkt, wo die kleinen alles haben und kaufen wollen, ich aber logischerweise nicht alles kaufen kann? Wie oft erlebe ich solche Situationen bei anderen, wo die Eltern dann ganz genervt die Kinder anschnautzen. Ich denke immer wie können sie nur und frag mal gleichzeitig: was würde wiebke tun ????

Die wirklich unerzogene Antwort hierauf ist: einfach kaufen! Künstliche Verknappung ist Erziehung. Nicht zu kaufen, weil „es das Kind lernen muss“ ist Erziehung. Ängste, das aus unseren Kindern nichts wird, sind unbegründet – solange wir immer BEI unseren Kindern sind, mit ihnen stets in Beziehung stehen, sie nie sich selbst überlassen und verantwortungsvoll vorleben. Und sollte es einmal WIRKLICH nicht gehen, weil es zb finanziell WIRKLICH nicht drin ist (und nein, ein vorgeschobener Grund, der nicht der Wahrheit entspricht – ist einfach nur eine Lüge und …sorry… Kacke) – dann musst du „Nein“ sagen und den gerechtfertigten Frust aushalten. Da sein, begleiten, trösten, in den Arm nehmen usw. „Genervt anschnauzen“ sollte niemals und in keiner Situation eine Alternative sein.

·  ·  nadjamum Sie hört überhaupt nicht/ wie das sprechen schmackhaft machen (lernt zwei. Sprachen) / schlafen gehen ist anstrengend / isst nur noch mit den Händen/ Zähne putzen geht nicht/ sie haut und beißt mich / was würde Wiepke tun

ich gehe nur auf „sie hört überhaupt nicht“ ein

Kinder sind keine Hunde. Sie haben nicht zu funktionieren und auch nicht zu „hören“. Kinder sind echte Menschen und wollen auch so behandelt werden. Und zu springen, weil es jemand anderer sagt…  ehrlich, wer macht das denn bitte gern?! Kinder arbeiten ständig mit uns zusammen – sei es, dass sie sich wickeln oder anziehen lassen, dass sie mit uns von Termin zu Termin laufen, dass sie alleine spielen, wenn wir kurz kochen oder aufräumen müssen, dass sie… Beobachte dein Kind und nehme es wahr. Sieh was es wirklich den ganzen langen Tag tut für dich! Meist hilft schon eine andere Einstellung, um zu erkennen, dass das Kind ja eh „hört“ oder viel besser: kooperiert. Darüber hinaus kann es helfen mal zu überdenken, was man da überhaupt von seinem Kind verlangt: KANN es die Leistung erbringen? Kann es verstehen warum es das tun soll? Gibst du genug Zeit? Bist du da, wenn es Hilfe braucht? Erwartest du etwas, obwohl das Kind vlt schon müde und ausgelaugt ist? Und und und. Es gibt 1000 Gründe und mehr, warum dein Kind gerade NICHT KANN. Aber es ist sicher niemals weil es etwas tun will, um dir zu schaden.

·  ·  heuteistjetzt Oh ja..nicht essen wollen bzw nur Süßes & am liebsten ständig fernsehen und hauen, treten, Kneifen, wenn sie nicht bekommt, was sie möchte. Ach, was würde Wiebke tun?!

Die Kinder essen, wenn sie Hunger haben das was ihnen gut tut. Wenn man sie lässt. Regulierung finde ich hier besonders fatal – denn nur das Kind selbst kann wissen wann es auf was Hunger hat. Alles andere muss mit Zwang durchgesetzt werden. Alles andere schadet der Berziehung zum Kind. Alles andere kann zu Essstörungen führen. VORLEBEN und entspannen.

(Fernsehen hab ich schon beantwortet weiter oben)

·  ·  julia_rrawr Das mit dem verhandeln fänd ich nochmal interessant – das Ende des Badens ist hier nämlich trotz Ankündigung wie „Noch drei Mal Wasser ausschütten“ nicht einfach. Dann durfte er nochmal, das empfand mein Mann dann als inkonsequent meinerseits und als es dann wirklich rausging (war echt Zeit, weil schrumpelig), waren die Tränen groß ????

Mit Kindern zu fair zu verhandeln ist nahezu unmöglich – denn damit eine Verhandlung gleichwürdig abläuft müssen beide Verhandlungspartner zumindest annähernd über das gleiche Wissen verfügen. Und: es ist nur dann eine Verhandlung, wenn das Ende wirklich offen ist – sonst ist es am Ende ja doch nur ein aufgeschobener Befehl. Außerdem gehört Nachverhandeln zu einer fairen Verhandlung dazu! Ganz anders als „Konsequenz“, die ist absolut unnötig im Zusammenleben mit den Menschen die man liebt!!!!!!

Konkret: Diese „dreimal“ – waren die ausgehandelt oder eine Vorgabe? Es gibt nämlich aus der Sicht des Kindes KEINEN nachvollziehbaren Grund, warum er aus dem Bad muss (für mich übrigens auch nicht – „schrumpelig“ ist kein Grund mein Kind schreiend aus der Wanne zu heben…) Wenn Zeit ist, warum ihn dann nicht einfach machen lassen? Sein Bedürfnis Wasser auszukippen wird nach ungefähr drölfzig tausend Mal gestillt sein – warum nicht einfach schon ein paar davon abarbeiten? J Mit nem Buch neben die Wanne setzen, Sandwich holen und genießen.

Wenn Fragen zu diesen Antworten auftauchen (Verständnisfragen), schreibt diese bitte hier unter dem Post. Da das Thema viele interessiert und es noch mehr Fragen gab, haben wir es in zweite Teile unterteilt. Der zweite Teil der Antworten folgt.

Nun habt Ihr eine Gute-Nacht-Lektüre gehabt und könnt voller Denkanstöße ins Bettchen hüpfen.

Habt ein fein meine Lieben, Eure Evi aus dem Norden

Ein Kommentar

  1. Einiges was Wiebke schreibt finde ich richtig und versuche es auch im Alltag umzusetzen, auch wenn es nicht immer leicht fällt. Den Kindern mit Respekt und auf Augenhöhe zu begegnen finde ich z.B. sehr wichtig. Aber bei manchen Antworten bin ich schon ein wenig sprachlos und da geht mir das Thema "Unerzogen" entschieden zu weit. Nämlich dann, wenn meiner Meinung nach unsere Fürsorgepflicht außer Acht gelassen wird. Wie Wiebke in Ihrer Antwort zum Thema "Badewanne" geschrieben hat verfügen Kindern nun mal nicht über das gleiche Wissen wie Erwachsene. Bei der Frage zum Thema "nur Süßes essen" gibt sie unter anderem die Antwort "denn nur das Kind selbst kann wissen wann es auf was Hunger hat". Wann es Hunger hat, da bin ich völlig mit einverstanden, aber man kann das Kind doch nicht vollkommen alleine entscheiden lassen wie viel Süßes s z.B. essen darf. Man ist doch bei der heutigen Forschung soweit, dass man ganz genau weiß wie SCHÄDLICH Zucker ist. Das grenzt für mich schon an Körperverletzung. Oder habe ich da vielleicht irgendwas falsch verstanden?!? Wenn ich meinen Kindern freie Hand gebe beim Süßigkeiten essen stellt sich keine Selbstregulierung ein, vielmehr wird der Konsum immer mehr. Und da ist es doch meine Pflicht als Mutter die Einschränkung vorzunehmen, denn ich weiß es nun mal besser als meine Kinder.
    Ein anderer Punkt ist das Fernsehen. Da gilt für mich das gleiche wie beim Essen. Studien belegen, dass übermäßiger Fernsehkonsum nicht gut für Kinder ist. Kinder regulieren sich auch hier noch nicht selber, vielmehr wollen sie immer länger schauen. Solche Verhaltensmuster ziehen sich doch durch's weitere Leben. Mit dem Tipp " die Zeit vor dem Fernseher „aktiv“ zu nutzen zum kuscheln und gemeinsamen Singen" kann ich auch nicht viel anfangen. Das macht das Fernsehen doch auch nicht sinnvoller und besser für Kinder. Und Singen während im Hintergrund der Fernseher läuft? Das macht für mich überhaupt keinen Sinn, vielmehr finde ich das eine viel zu große Reizüberflutung.
    Natürlich kann jeder selber über das Thema denken und danach handeln wie er möchte, für mich jedenfalls geht es in vieler Hinsicht zu weit. Und das wollte ich einfach loswerden, ohne Wiebke oder jedem der auch nach diesen Prinzip nicht erzieht auf den Schlips zu treten.
    Viele Grüße
    Andrea

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